Hast Du eigentlich ein rotes Kleid?
Ich hatte zumindest mal eines.
Damals-als ich noch wirklich superschlank gewesen bin.
Nun hab ich seit einem Jahr Stoff für ein rotes Kleid liegen, aber ich komm grad nicht dazu. Dabei hab ich sogar passende Boots gekauft…
Wie ich darauf komme?
Ich war gestern Teilnehmerin der Auftaktveranstaltung zu „das-rote-Kleid“ initiiert von Meike Rensch-Bergner , Constanze Derham und Melinda Stokes (Melinda…was für ein wunderschöner Name, ich bin ganz berauscht!).
Ich trug zwar einen bordeauxroten Schlafanzug, aber ich nahm vom Bett aus mit Magen-Darm teil und hatte deshalb meine Kamera abgeklebt (nein-das wollte wirklich niemand sehen…nicht mal ich selbst). Leider war ich aus dem eben genannten Grund dann auch fast 20 min zu spät dran, aber wenn ich es richtig verstanden habe, ist diese Veranstaltung inspiriert von reddressembroidery.com , und selbst wenn ich mich irre, und dann mögen mir die Initiatorinnen Meike, Lindy und Constanze verzeihen und für mich Aufklärungsarbeit leisten, lohnt es sich mal das ursprüngliche Red Dress anzuschauen. Was ein 6,8 kg schwerer Traum, der da um die Welt ging…
Ich habe nun gestern mal wieder festgestellt, wie unglaublich viele Frauen aus welchen Gründen auch immer Angst haben, sich zu zeigen. Es ist wirklich erschreckend. Insofern finde ich die Idee von das-rote-Kleid nicht nur prima sondern nötig.
Allerdings habe ich mich gefragt, warum es um ein KLEID geht ? Warum nicht auch Hose, Bluse, Pulli, Hosenanzug?
Nein, Ausgangspunkt meiner Überlegung ist nicht irgendeine Scham. Die Lieblingsfarbe meiner Mutter war und ist rot. Ich habe also bereits rot getragen bevor ich laufen konnte und meine ersten Schuhe waren auch rot! Was zu der Zeit, wir reden von 1971, als Kinderschuh so gar nicht leicht zu bekommen gewesen ist.
Und auch wenn ich als erwachsene Frau oft mit meiner Mutter zusammenknalle, zwei große Klappen und zwei Generationen geben Zündstoff und als Widder und Waage trennen uns ja nun wirklich Welten, habe ich sowas von schon immer vermittelt bekommen: Dir muß es gefallen-niemandem sonst!! Was natürlich, rot oder nicht rot, Mama-Trainingscamp einschloss, denn die Geschmäcker meiner Mutter und mir liegen Lichtjahre auseinander. Ich bin also so gar nicht ängstlich, was das an geht. Ich habe schon immer getragen, was mir gefällt. Als ästhetische Waage mit einem Künstlerblick ausgestattet ist es mir zwar wichtig wie ich aussehe, aber ICH bin eben meine tagesformabhängige Meßlatte und wirklich niemand anderes!
Doch hat es mich fassungslos gemacht, wie viele Frauen genau DAS eben nicht können. Zu sich und ihrem Wert stehen. Das hat Meike auch in ihrem Buch „Abschaffung der Problemzonen „, aus dem sie Leseproben zum Besten gab, beschrieben.
Noch immer so scheint es, liegen patriachale Maßstäbe zu Grunde, um das Leben der Frauen auf der ganzen Welt zu bestimmen. Ich werde hier keinen Länder- und Glaubensvergleich anlegen. Leidensdruck ist individuell. Aber es ist doch auffällig, was wir Frauen so anerzogen bekommen, wie wir indoktriniert werden.
Gib mal das schöne Händchen
Mädchen machen sich nicht schmutzig
Als Mädchen musst Du artig sein.
Mädchen klettern nicht auf Bäume.
Mädchen spielen mit Puppen nicht mit Pistolen.
Mädchen müssen kochen können.
Sei nicht so (vor-) laut.
Du mußt ruhig sein, wenn erwachsene Männer reden.
…Du lieber Himmel! Ich könnte die Liste unendlich fortführen und ich bin mir sicher, dass Du locker dazu beitragen könntest. Und was bin ich froh, dass ich auf Bäume klettern durfte, immer schmutzig nach Hause kam und eine Cowboy- und Indianer-Ausrüstung hatte und Räuber-und-Gendarm gespielt habe. Dorfkind-Leben in den 70ern…
Und wenn ich manch junge Mutter heute auf dem Spielplatz sehe, wird mir Angst und Bange, denn die Kette der „Mädchen-Jungs-Erziehung“ scheint nicht unterbrochen. Und tatsächlich hat der Musiklehrer eines meiner Kinder zum Beginn des Abi-Jahrgangs mal gesagt, er sei gespannt welche zwei jungen Frauen diesmal die Schulmamis sind. Er wies damit darauf hin, dass es jedes Jahr zwei junge Frauen gibt deren einziges Ziel es sei, schwanger zu werden und zu heiraten um „versorgt“ zu sein.
Sowas macht mich sprachlos!
Wir werden also noch immer zur Unsichtbarkeit und Unselbstständigkeit erzogen! Was eine Frau leistet wird daran gemessen, wie sie Kinder, Kirche, Küche (Zitat aus dem Romy Schneider-Film „Mädchen in Uniform„) unter einen Hut bringt. 2023 in Deutschland…
Leider unterstützen wir Frauen ja nicht mal die Entscheidung der Frau, aus diesen Strukturen auch nur einen Schritt hinaus zu machen!
Bist Du als Mutter glücklich und zu Hause hast Du nix aus Dir gemacht, die letzte Hirnzelle hat Dir Dein Stillkind bereits rausgezogen und wirst als Puttchen Brammel in die Ecke gestellt. Gehst Du halbtags oder in Teilzeit arbeiten, kriegst Du ganz offensichtlich nichts richtig hin und bist eine Rabenmutter, die nur an sich denkt und entscheidest Du Dich gegen Kinder bist Du einfach nur karrieregeil-im besten Falle, denn es kann auch passieren, dass Dir unterstellt wird, Dich nur hoch zu schlafen. Kompetenz in allen Fällen kann es ja nicht geben. Und solche Äußerungen von FRAUEN über Frauen unterfüttern doch das, was zum Beispiel ein Friedrich Merz unter Familie und Feminismus versteht.
Das ist doch gruselig!
Zeigt, was ihr leistet, liebe Geschlechtsgenossinnen!
Webt unterstützende Frauen-Netze!
Wertschätzt Euch gegenseitig, statt mit Stutenbissigkeit einen Zickenkrieg anzuzetteln.
Erkennt die Lebensentwürfe aller Frauen an. Eine jede hat ihre Daseins-Berechtigung und keine geht den Weg der anderen in derer Schuhen!
Unter meinem letzten Blogeintrag kam der schmunzelnde Hinweis von Marita Eckmann : „Du machst auch alles etwas anders.“
Ja. Oft. Stimmt.
Deshalb finde ich das mit dem roten KLEID auch etwas kurz gefasst. In meinem Leben muss es oft praktisch und pragmatisch zu gehen. Ein Kleid ist da selten die passende Garderobe. Ich erweitere also für mich die „Challenge“ des roten Kleides, vielleicht traut sich ja dann eine Frau auch mitzumachen-und trägt und/oder näht für sich eine rote Hose, rote Bluse, rotes Halstuch, rotes Haarband, roter Nagellack oder kauft sich rote Schuhe oder rote Unterwäsche…JAAAAAAA ich besitze rote Unterwäsche und trage sie gern. Besonders, wenn ich wichtige Gespräche führen muss oder Energie brauche.
Rot macht etwas mit uns. Sie ist mehr als die, schon manchmal etwas abgedroschene, Farbe der Liebe und Verführung. Sie ist auch Selbstliebe, Kraft, self-woman-standing, Fortschritt, Feuer und inneres Feuer, Energie und noch viel mehr.
Meike sagte gestern, „wir werden nicht in roten Kleidern geboren“. Doch. Werden wir.
Wir alle entschlüpfen einer blutigen und nährenden Plazenta und tragen diese Hülle bis sie uns im allerersten Bad abgewaschen wird.
Deshalb ist es um so wichtiger uns an diese kraftvoll Hülle zu erinnern! Wir brauchen alle Energie, alle Kraft, um in dieser Welt den Raum einzunehmen, der uns von Geburt an, und als Lebensspenderinnen, zusteht!
Und wenn es erstmal „nur“ rote Socken oder ein roter Gürtel ist oder hier schau
manchmal sind es einfach mal meine roten Gummistiefel, wo alle anderen Landhandel-grün tragen…
Dieses eine kleine Teil hat die Bedeutung, die DU ihm gibst. Erinnere Dich damit an Dich selbst.
DU BIST.
Das ist genug. IMMER. Und wenn Du es mal nicht fühlst, zieh rote Socken an!
Good Vibrations.
SAM
PS Die Veranstaltung „Das-rote-Kleid“ läuft noch. Vieles ist kostenlos, wie zum Beispiel auch das über 60 Seiten starke online-Magazin zum Download.
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