Über mein Unwort, meinen Unmut und den Schritt nach vorne.
„Unwörter“ also Worte, die einem auf den Keks gehen, werden ja meist zum Jahresende kreiert. Warum eigentlich? Ich kenne meines.
Es ist KOMFORTZONE.
BOAH neeeee! Wenn ich das schon höre oder lese… Ich lese und höre den Beitrag nirgendwo weiter. Warum? Weil die Komfortzone stets als etwas Negatives hingestellt wird, dass es im Sinne der ewigen persönlichen Verbesserung zu überwinden gilt.
Das halte ich schlicht für Quatsch.
Komfortzonen sind wichtig.
Komfortzonen sind wichtige Tankstellen für uns. Sie geben uns Geborgenheit, Sicherheit, Raum, uns zu erholen, Kraft zu schöpfen, aus der Erschöpfung heraus zu finden, um dann neu booten zu können, neue Ideen zu entwickeln, offen zu sein für Impulse, die wir im ewigen Wetteifern um, die als Persönlichkeitsentwicklung getarnte andauernde Selbstoptimierung übersehen, überhören, überspüren.
Ich höre schon die Einwände:
Du kannst doch nicht ewig auf dem Sofa liegen, dauernd nur machen was Dir gut gut, usw.
Ich sage: DOCH!
Es gibt nicht DEN Zeitraum, DIE Dauer-für alle gültig und richtig.
Es gibt aber DEINEN Zeitraum, DEINEN Zeitpunkt, DEINE Dauer-das was für DICH gerade richtig ist. Und das kann schon mal ne Weile brauchen. Mein Arzt hat einmal gesagt „sie brauchen mindestens das doppelte an Zeit sich von etwas zu erholen, wie sie über ihre Verhältnisse gelebt haben.“ Und ich ich habe die Erfahrung gemacht, dass das stimmt. Und wenn man dann nachlässig wird und wieder in dem Hamsterrad landet, dass einen eigentlich herunter gewirtschaftet hat, kommt diese Zeit dann auch noch oben drauf.
Vom Unwort zum Unmut und was das für mich heute miteinander zu tun hat.
Selbstverständlich kann auch nur jeder selbst entscheiden, was er wann wie braucht, um zu genesen, etwas zu überwinden und nach vorn zu schauen. Erfahrungsgemäß ist es auch nicht der Riesenpaukenschlag, der dann alles bereinigt, wie das Gefühl nach einem schönen spätsommerlichen Landregen. Auch dabei geht es um kleine und vor allem machbare, sich gut anfühlende Schritte.
Ich habe gerade eine entsprechende Entscheidung getroffen:
Ich brauche viel Komfortzone, viel Tankstelle, aber ich das heißt nicht immer und nicht ausschließlich Sofa.
Neben Sofa und Tee, Bücher, Ruhe und Katzen, meine Nähmaschine und meine Mal- und Schreibsachen möchte ich auch moderate Bewegung. Und ich sage hier bewusst nicht SPORT. Allein das Wort, löst bei mir bereits Übellkeit und Panikattacken aus, geprägt vom Schulsport der 70er Jahre mit entsprechend verknöcherten und ehrgeizigen Sportlehrerinnen ohne den Hauch von Empathie oder den Blick von den einzelnen Schüler.
Ich habe mich zum Weinleselauf bei „Lauf weiter“ angemeldet.
Laufen, wann und wie Du kannst.
Damit bin ich beim Unmut.
Ja-es ist Krieg zwischen Russland und der Ukraine und Krieg ist schlimm. Immer. Er ist menschenverachtend und -vernichtend und hat immer dramatisch entsetzliche Folgen-für alle Parteien.
ABER ich bin auch der Meinung, dass ich nur abgeben kann, wenn ich Kraft und damit Möglichkeit habe. DeutschLAND ist die Puste doch schon längst ausgegangen, bevor die Regierung beschlossen hat, sich in diesen Krieg -auf welche Weise auch immer- einzumischen. Ich will hier keine Diskussion pro/kontra Ukraine/Russland vom Zaun brechen und entsprechende Kommentare werde ich -ausnahmsweise- auch nicht frei geben. Das ist gar nicht mein Thema…aber ich bin sprachlos vor Entsetzen über das politische Versagen unserer Regierung um die Fürsorge im eigenen Land. Ich spreche von der Katastrophe im Ahrtal.
Keiner scheint es mehr auf dem Schirm zu haben-das Ahrtal.
Es ist gar nicht mit Worten zu beschreiben, was diesen Menschen dort widerfahren ist. Ich habe Bilder und Videos von reissenden Fluten gesehen, die Menschen, Häuser, Autos einfach so mitnahmen und nur Tod und Verwürstung hinterlassen haben. Ausgehölte Böden und Gründstücke, weggeschwemmte Existenzen und eine Regierung die einfach mal NIX tut. Noch heute. Ich habe kleine und große Privatunternehmer gesehen, die mit schwerem Gerät und Fachpersonal anreisten, Bauern mit all ihren Treckern und Vorderladern. Alle wollten helfen, keiner durfte, niemand wurde vorgelassen. Nicht mal Dixie-Klos durften aufgestellt werden. Ich bin selbst ja Jahrgang 1970 und kenne das Hamburg-Hochwasser nur aus Berichten, aber damals gab es einen Helmut Schmidt, der genug Arsch in der Hose hatte, tätig zu werden…heute sehe ich nur hochbezahlte und -versorgte Politiker die sich sich nicht schämen dazu aufzurufen, doch für die Ukraine zu frieren, und mehr zu bezahlen wär doch gar nicht soooo schlimm, während man im Ahrtal letztes Jahr nicht mal Trinkwasser hatte. TRINKWASSER!
Ich verlinke Euch hier mal einen Bericht vom SWR. Schaut Euch mal nur die Videos an, die ein Anwohner während des Wasseranstieges gedreht hat. Mir fehlen die Worte…
Die Menschen im Ahrtal haben alles verloren. Ich glaube, keiner von uns kann nachempfinden, wie es diesen Menschen geht-noch HEUTE!
Und wie ist die Berichterstattung-heute. Ein Jahr später? Dürftig. Gar nicht. Aber immerhin täglich die Ukraine (auch andere Länder in denen Krieg geführt wird, werden völlig ausgeblendet). Es wird argumentiert mit Humanität und „vor unserer Haustür“. Also dichter als das Ahrtal wirds wohl nicht mehr und auch dort ist im Sinne der Humanität Hilfe dringend notwendig.
„Lauf weiter„ hat bereits im letzten Jahr dazu einen Weinleselauf gestartet. Über 22 000 Euro konnten unbürokratisch ins Ahrtal gespendet werden.
Und dieses Jahr bin ich dabei!
Mein BMI ist peinlich, ich bin mehrfach chronisch erkrank, unsportlich.
EGAL.
Denn ich habe ENTSCHIEDEN etwas für mich und für andere, für mein Zuhause, für Deutschland zu tun. Ich laufe mit. Also, ich walke. Die kleinste Strecke. Ich bin angemeldet. Ich laufe allein, zu einer Zeit innerhalb von 24 Stunden (vom 08. auf den 09. Oktober), die mir passt, quasi vor meiner Haustür. Und NEIN, ich bin nicht Opfer dieser Fluten 2021 geworden, ich lebe in Niedersachsen.
Meine Startnummer ist ein gutes Omen:
Ich laufe das erste Mal mit ( die 1) und bin an einem 28. geboren.
Ich werde sicher keine Platzierung erreichen. Und möglicherweise werde ich am Ende nur noch humpelnd und wackelnd als allerletzte ins Ziel kommen, aber ich war dabei. Ich habe geholfen. Dem Ahrtal und mir selbst.
Selbstverständlich gibt es auch echte Running-Strecken und sogar für eine Marathon-Strecke kann man sich eintragen, aber man MUSS es eben nicht.
Mich hat der Weinlese-Lauf gerufen, warum weißt Du nun auch. Und ich würde mich freuen, wenn ich Dich dazu inspirieren kann, mitzulaufen. Kann ja auch an einem anderen Tag, mit einem anderen Thema sein. Schau doch mal bei „Lauf weiter“ vorbei.
Was ruft Dich?
Wollen wir uns gegenseitig Mut machen? Dann schreib mir doch in die Kommtare, ich antworte ganz sicher!
Good Vibrations
Wir lesen uns!
SAM
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