Eine Tüte Buntes

Anja Evans befasst sich in ihrer Blogparade mit einem Problem, dass viele Kreative mit sich tragen:

1000 Ideen-Fluch oder Segen?

Und ja, als Scanner-Persönlichkeit frage ich mich genau das auch immer mal wieder.

Schon in meinem allerersten Grundschulzeugnis stand geschrieben:

„Simone hat eine schnelle Auffassungsgabe und ein großes Wissen in vielen Bereichen, an dem sie uns gern öfter teilhaben lassen könnte“.

privat

Äh-ja. Also mit Sichtbarkeit hab ich heute nun so gar kein Problem mehr und mit dem stillen Mäuschen hat es sich auch erledigt, eher fühlen sich manche Menschen von mir oft erschlagen und ich habe mir auch schon angehört, dass ich wohl zu allem eine Meinung habe und mich aufdrängen würde. *seufz* Ehrlich: Ich merk das nicht einmal…

Als Kind der 70er hatte man damals noch keine Bezeichnung für Menschen wie mich. Das ist heute anders und ich weiß, ich bin eine Scannerin.

Scannerin-heißt jetzt was?

Scanner-Persönlichkeiten sind, häufig auch hochbegabte, Menschen mit vielen Interessen und Talenten in unterschiedlichsten Bereichen. Besondere Merkmale sind Eigenschaften wie ausgeprägte Neugier, Intelligenz und zaaaahlreiche Ideen. Scanner werden auch mit Begriffen wie Universalgenie, Multitalent, Vielbegabt und -interessiert beschrieben.

Das klingt erst einmal aufregend bringt aber auch Probleme: Sich festlegen, sich für etwas zu entscheiden fällt Scannern schwer. Sie verlieren schnell das Interesse, weil sie sich eben für so viele Dinge begeistern können, sich häufig schnell langweilen und sich deshalb auch schwer tun, eine Sache zu Ende zu bringen und nicht schon vorher etwas neues zu beginnen.

Letzteres habe ich für mich auch aufgegeben. Es frustriert mich nur und ich habe immer das Gefühl den richtigen Zeitpunkt für irgendeine Sache zu verpassen.

Ich jongliere also immer mit mehr als einem Ball.

Als Beispiel: Die digitale Version meiner Impulskarten ist noch gar nicht ganz fertig, da überleg ich schon an einem Kunstobjekt herum und habe erste Entstehungsfotos angefertigt, während mein Roman „Ratten“ auch auf Weiterbearbeitung wartet und ein besonderes Postkartenprojekt in der Pipeline seinem Start entgegenfristet.

Und auch das sind nur Fragmente meiner Ideenschmiede. Diese Ideen überfallen mich Heuschrecken. Besonders gern, wenn ich wieder einmal krank im Bett liege. Das ist dann besonders quälend, weil ich ja nicht sofort in die Umsetzung gehen kann. Ich habe herausgefunden, dass dieses überrollt werden von noch mehr neuen Ideen in einer solchen Phase der Zwangspause passiert, weil mein Nervensystem derartig überreizt ist, dass viele Ideen im Alltag sonst oft gar nicht durch kommen würden.

Deshalb erprobe ich auch immer wieder Strategien für einen für mich gesünderen Umgang mit Social Media, Film und Fernsehen, denn wenn wir denn wollen, können wir ja rund um die Uhr Input bekommen. Ich glaube, wäre ich ein Computer, wär meine Festplatte dann in Null Komma nix voll und ich würde in Rauch aufgehen, durch überhitzte Speicherchips.

Wie sieht also, um bei der Technikmetapher zu bleiben, meine externe Festplatte aus?

Ein Notizbuch, egal wie hübsch es auch sein mag, hat sich leider nicht bewährt. Auch nicht, wenn ich es selbst herstelle. Ich bekomme damit einfach nicht das Gefühl, dass meine Ideen gut aufgehoben sind, weil ich ihre Fülle nicht direkt sehe sondern nur, wenn ich explizit das Buch zur Hand nehme und durchblättere. Das nimmt mir aber die Möglichkeit, die Dinge in Bereiche einzuordnen und Verbindungen auf einen Blick herstellen zu können. Gleiches Problem ergibt sich mit der Notizfunktion am Laptop oder Handy. Ob schriftlich oder auditiv.

Auch klassische Mindmaps oder Cluster sind da nicht das Richtige und taugen für mich nur, wenn ich eine Idee haptisch weiter ausbauen möchte.

Meine Lösung:

Die Tür meines Wohnzimmers, verschiedene farbige Klebezettel und eine Rolle Tapete. Hier mal ein Ausschnittfotos von Anfang 2024:

So sehe ich welche Möglichkeiten das Leben offenbart und kann durch die Einordnung in verschiedene Themenbereiche, Verbindungen zwischen den Ideen auf einen Blick herstellen. Das gibt so ein befriedigendes Gefühl von Erfolg und Sicherheit, weil ich A weiß, nichts geht verloren und B fühle ich mich durch diese sichtbare Vielfalt der Möglichkeiten, die meinem Inneren entspringt, bereits erfolgreich-einfach weil ich sie habe. Verstehst Du, was ich damit sagen will?

Ich habe mir nie Gedanken darum gemacht, ob es auch andere Menschen wie mich gibt. Das wurde erst interessant als mich manche Dinge im Alltag zu quälen begangen. Aktuelles Beispiel: Scanner-Künstler arbeiten eben anders und daher müssen auch so wichtige Sachen wie Marketing (ja-auch Künstler müssen den Kühlschrank und den Tank des Autos befüllen!) ganz anders gedacht und umgesetzt werden, als Nicht-Scanner das tun. Ich wäre da nie drauf gekommen, hab es aber durch Barbara Ihlenfeldt für mich entdeckt und kann jedem, der dort auch ein Problem für sich spürt, ihr Buch empfehlen.

Ein anderes Beispiel: Beziehungen sind in der Regel daran zerbrochen, dass Männer mit meiner Scanner Persönlichkeit nicht umgehen konnten und sich in ihrer Männlichkeit beschnitten fühlten. Folgende Szene spielte sich einmal in meinem Badezimmer ab:

Ich habe links und rechts vom Spiegel jeweils eine Lampe. Auf der einen Seite fiel das Licht nun aus. Ich war schlicht zu faul einen großen Schraubendreher für die Zierschraube der Glasabdeckung aus dem Keller zu holen und griff beherzt zum sauberen Buttermesser. Mein damaliger Freund kam mir hinter her, sah, was ich da machte und brauste auf: „Sag mal, was machst DU da?“

Ich dachte wirklich, er macht einen Spaß und scherzte zurück „Na ich spiel Gott und mache Licht.“

Das war dann zu viel für ihn. Er schnappte nach Luft und polterte: „Ich glaube es geht los. Du spinnst ja wohl. Was glaubst Du denn, wofür ICH da bin und was ICH kann. Du denkst wohl, Du kannst alles selbst…“ Er konnte sich kaum beruhigen-wegen einer Glühbirne…

Solche Dinge passieren mir, auch als selbst gewählte Single-Frau, noch heute immer wieder. Ich würde jetzt gern sagen, es tut mir leid, aber das ist nicht so. Mir tut höchstens leid, wenn ich dadurch meinen Gegenüber völlig unbeabsichtigt entwerte. Ich denk da gar nicht drüber nach. Ich seh eine Sache, habe eine Idee, möchte sie ausprobieren, wenn es nicht funktioniert möchte ich verstehen warum nicht, etc.

Insofern könnte man sagen, dass das Scannerdasein nicht immer nur Party-Feuerwerk im Kopf ist. Ich muss allerdings zu geben, dass mir das heute egal ist. Ich genieße es, auf niemanden angewiesen zu sein und oft bin ich sogar erleichtert, das so leben zu können. Ehrlicherweise liegen mir Frauen überhaupt nicht, die sich klein machen, damit ihr Auserwählter sich groß fühlen kann. Ich hab da wohl eine andere Auffassung von Teamplaying. Aber das soll heut nicht das Thema sein.

Ich glaube ich werde von meinem Umfeld weder als Chaot noch als Genie wahrgenommen. Meine Familie lächelt eher liebevoll mit den Worten „worauf Du immer so kommst…“. Das weiter gefasste Umfeld kann mit meinem Ideenreichtum eher nicht so umgehen. Ich glaub, sie sind überfordert und ja ich glaub auch neidisch und genervt. Manchmal finde ich das ungerecht. Ich bemühe mich ja auch sie so zu lassen wie sie sind, dass hätte ich umgekehrt gern genauso. Aber vielleicht liegt es auch daran, dass ich gar nicht wie sie sein möchte, es aber sein kann, dass sie das für sich ganz anders empfinden? Ich weiß es nicht. Und ich mach mir nicht mehr die Mühe, das zu ergründen.

Ich bin ich. Mit 1000 und mehr Ideen.

Und das ist gut so.

Wir lesen uns.

Good Vibrations.

SAM

One Comment

  • Anja Evans

    Liebe Simone, ich freue mich sehr, dass du einen Beitrag zu meiner Blogparade geschrieben hast. Keiner ist wie der andere, und doch finde ich mich auch in deinem Artikel wieder. Wir sind eben im selben Clan, dem Clan der 1.000 Ideen. Viel Spaß mit deinen. Und wir lesen uns.

    Bis bald
    Anja

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