Die Anlehnung an ein Buch von Susanna Tamaro war sofort da, als mir das Thema „Sehnsuchtsorte“ der Blogparade von Susanne Heinen ins Auge sprang. Obwohl ich das Buch bisher nicht gelesen habe.
Grundsätzlich bin ich ja eher der sesshafte Typ. Ich liebe mein Zuhause, mein Elternhaus und ich glaube ich stürbe an gebrochenem Herzen, müßte ich hier raus. Ich finde auch die Gegend, den Ort von meinen Eltern wirklich gut gewählt und sprach ja an anderer Stelle von meinem Elternhaus von meiner „Burg mit Schlossgraben und Zugbrücke“. Diese Burg bietet mir Schutz, Geborgenheit und Sicherheit.
In meinen Zwanzigern bin ich gern, viel und weit gereist und blicke auf entsprechende Erlebnisse zurück einschließlich verlorener Koffer, Überbuchungen, allein im Jeep verloren im Hinterland des Nirgendwo usw. Das könnte ich mir heut für mich gar nicht mehr vorstellen! Ich brauche meinen Anker, mein Zuhause. Mit einer einzigen Ausnahme: Die Nordseeküste.
Ich kann das sogar noch spezifizieren: Esens oder wenn es Inselleben sein darf Norderney.
Als meine Kinder zwei und drei Jahre alt gewesen sind, bin ich das erste Mal ganz allein mit ihnen für eine Woche an die Nordsee gereist. Noch heute schütteln Freundinnen mit dem Kopf und bewundern mich für meinen Mut und meine Tatkraft. Ich habe das nie als etwas besonderes gesehen und auch nie das Gefühl eines Wagnisses gehabt. Zehn Jahre bin ich jedes, manchmal jedes zweite Jahr mal eine Woche, mal vierzehn Tage mit ihnen nach Esens gereist. Immer auf den gleichen Bauernhof zu Ingrid und Sibo, die selbst vier Kinder hatten und wo wir alle mit der Zeit Freundschaften schlossen. Noch heute hängt ein von mir gemaltes Bild bei Ingrid und Sibo, dass einmal während eines unserer Aufenthalte dort, entstand.
Wir haben viel gesehen und viel erlebt: Eine Meerschweinchen-Geburt live, woraufhin dann ein Meerschweinchen und Kaninchen bei uns Zuhause einzogen, gleiches galt für einen wunderhübschen Kater und ein Kälbchen- letzteres ließen wir allerdings, wenn auch schweren Herzens, in Esens bleiben. Auch ein Lammbock erblickte in unserem Beisein das Licht der Welt, der allerdings erkrankte und vom Muttertier verstoßen wurde so dass wir ihn alle vier Stunden mit der Flasche fütterten und unsere Gastfamilie so auch mal einen Wochenendtrip machen konnte. Dieser mickrige kleine Bock wuchs zu einem staatlichen Schaf heran! Wir fütterten Hühner und Enten, sammelten fleißig Eier ein, lernten melken mit der Hand und mit der Maschine und blieben auch bei denkbar schlechtem Wetter, ähnlich wie die Kühe, mit Stiefeln in der Wiese und in der Sch….stecken, bis selbige in die Gummistiefel schwappte. Wir haben Käse selbst hergestellt und plattsnacken im Mehrgenerationenhaus beim Bohnenfädeln und Krabbenpuhlen gelernt.
Es war eine wunderbare Zeit, an die meine Kinder und ich gern zurück denken. Bis heute gibt es bei uns die Teetied, zu der alles andere erst einmal liegen bleibt, um nach dem Ostfriesentee mit Kluntje und Wulkje noch einmal neu durchzustarten.
Die Nähe des beschaulichen und kulturell interessanten Esens zu Bensersiel und damit direkt zur Nordsee verschaffte uns täglich lange Ausflüge an den Strand, in den Strandkorb oder auch Muscheln und Treibgutsammeln im Watt-bei wirklich jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit. Wir waren Teil des Brauchtums und der Geschichte der Gegend über viele viele Jahre. Es gab sogar einen Besuch im nahegelegenen Sielhafenmuseum, bei dem ich von einem Museumsführer angesprochen wurde, er müsse mir etwas zeigen. Er führte mich zu einem Bild, das eine ostfriesische Prinzessin zeigte, deren Name mir heute leider entfallen ist, aber es war wirklich höchst erstaunlich: Auch wir erkannten in dem Bildnis…MICH.
Noch heute träume ich von der Nordsee. Nein, es ist schlimmer: Sie fehlt mir unendlich. Ich glaube nicht, dass es Nostalgie ist, die das auslöst. Sicher haben wir viele schöne Erinnerungen und gerade für meine Kinder war es perfekt. Ich allerdings sehne mich tatsächlich und direkt an die Nordsee. Ich liebe sie in jedem ihrer Gemütszustände. Ob sanft liebkosend, plätschernd tröstend, tosend drohend oder aufpeitschend ihre Kraft und Gefährlichkeit zeigend. Ich liebe sie in all ihren Farben. Es sind die Geräusche, die Gerüche, der Wind und die Weite die mich sofort zurück zu mir bringen und mir geben, was ich in diesem Moment brauche.
Tatsächlich war das zu einer Zeit (oh-mein-Gott klingt das ALT), da gab es noch keine digitalen Fotos. Die ersten Digitalkameras waren gerade erst im Kommen und ich ausschließlich mit meiner Spiegelreflex unterwegs. Daher hat dieser Beitrag mal keine Fotos. Diese analogen Fotos liegen in einem riesige Karton auf dem Dachboden und TSCHAKKA ich glaub an mich: Irgendwann werde ich sie alle mal einkleben, beschriften und Geschichten weben-möglicherweise sogar digitalisieren. Hoffentlich noch so lange meine Erinnerungen nicht eintrüben.
Und wie ist das mit Norderney. Ich muss ehrlich sagen: Keine Ahnung! Ich war bin nie dort gewesen. Und doch weiß ich tausendprozentig, dass ich irgendwann einmal dort hin gelange. Nur weiß ich nicht wann und warum. Trotzdem fühlt es sich irgendwie unausweichlich an.
Kommen wir aber noch mal zur Nordsee, Esens und der Frage, warum ich nicht einfach hinfahre, zurück.
Nun ja, sie ist mit gut drei Stunden Fahrtzeit tatsächlich gut zu erreichen, allerdings fehlt mir in erster Linie das nötige Kleingeld und selbst wenn mein Los der Aktion Sorgenkind gewinnt und ich mir meinen Traum vom zweiten Wohnsitz dort erfüllen könnte, bliebe noch meine Familie und ihre Versorgung. Durch den Pflegenotstand ist selbst eine Kurzzeitpflege, zumindest hier und zur Zeit, nicht zu realisieren. Aber das einzig beständige im Leben ist die Veränderung. Wer weiß also 100%ig, was da noch alles so für mich und meine Familie vor gesehen ist?
Und bis dahin gehe ich, wohin mein Herz mich trägt (Buchtitel von Susanna Tamaro), wenn die Sehnsucht zu groß wird: An den hier nahe gelegenen Elbe-Seitenkanal und träume vom Wind und der Weite der Nordseeküste.
In diesem Moment, da ich meinen Beitrag zur Blogparade von Susanne beende, habe ich mir das oben genannte Buch einmal angesehen und festgestellt, dass es thematisch genau mein Ding ist! Und obwohl mein SuB höher ist, als ich groß, hab ich es mir nun gebraucht bestellt. Es ist auch eine Form der Sehnsucht und ich freue mich, dass ich wenigstens diese nun stillen kann.
Hast Du auch einen Sehnsuchtsort?
Erzähl doch mal, dass ist für Dich, mich und alle anderen bestimmt besonders schön!
Wir lesen uns.
Good Vibrations.
SAM
Nachtrag: Dieser Blogeintrag entstand im August 2024. Und genau in dem Moment, als ich auf „veröffentlichen“ klickte, krachte meine Website komplett zusammen. Nichts ging mehr. Aber immerhin war der Beitrag gespeichert. Heute, wir haben Anfang November, ist meine Website im Neuaufbau. Es ist noch kaum etwas fertig, aber sie läuft und mir war es ein Bedürfnis diese Zeilen nicht einfach zu löschen. So bin ich meinem Herzen zu meinem Sehnsuchtsort gefolgt. Bis wir uns wieder sehen.
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