Zwischen Kunst und Care

Bloggen heute als Verzweiflungstat von SAM

Seit über 15 Jahren versuche ich als Künstlerin und Autorin (was ja schreibende Kunst ist) Fuß zu fassen. FÜNFZEHN Jahre! Ergebnis? Zusatzgeschäft. Ich geb mehr dafür aus, als ich einnehme.

WARUM zum Teufel noch mal?!

Warum mach ich das? Warum versuche ich es trotzdem? Weil Kreativität für mich so wichtig ist wie Luft zum Atmen, ich für Frauen etwas bewegen will und mir aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr viel an Möglichkeiten geblieben ist. So weit-so gut, aber ich verzweifle daran. Weil der Erfolg fehlt. Weil das Feedback nicht da ist.

Und was ist der Grund genau DAFÜR?

Meine Kreativität ist zu keinem Zeitpunkt meine Priorität gewesen.

Beispiele aus dem Leben:

Vor 14 Tagen bekam eines meiner Kinder eine Verdachtsdiagnose, die mir den Boden unter den Füßen weg zog.

Und Freitagabend vor einer Woche stand meine sehr sehr betagte Mutter mit Beschwerden an meinem Bett, die kein Zögern erlaubten und ich verbrachte die nächsten 30 Stunden wach und wachend an ihrem Krankenhausbett.

Und wenn man da eben „Wache hält“, gehen einem Dinge durch den Kopf, die im Alltag oft übersehen werden. Einfach weil man ja funktionieren muß, dass eigene Leben und das der anderen am Laufen halten.

15 Jahre Erfolglosigkeit. Zeit aufzugeben oder anzufangen?

Mir ist gerade so deutlich, dass ich meinen Wunsch, mein Ziel, nicht priorisiere. Mein Leben ist an- und über voll ausgefüllt mit Care-Arbeit und in erster Linie für andere und wenn ich dann unterhalb meines persönlichen Lebenskrafttankes durch die Tage schwanke, dann auch irgendwie SelfCARE.

Ich weiß ja nicht wie das anderen Kreativen so geht, aber unter Druck kann ich nicht kreativ sein. Also selbst, wenn mein Tag mehr als 24 Stunden hätte, würde nichts entstehen, weil zu viel anderes dringend ansteht.

Aber wenn das alles so schlimm für mich ist und mich und mein Wollen ausbremst, warum tu ich mir das an und lasse zu, dass mich mein unerfüllter Wunsch auffrißt?

Ehrlich: Ich weiss es nicht!

Ich glaube nicht daran, dass das in der Genetik angelegt ist und ob das persönliche und individuelle Horoskop darüber Aufschluss gibt oder auch das gerade moderne Human Design erscheint mir doch etwas zu weit her geholt.

Ja, ich bin das einzige Kind meiner Eltern, ja ich bin alleinerziehend Mutter und egal wie alt die Kinder sind, wenn es anbrennt ist Mama da und ich fühl mich nicht mal schlecht damit, und ja, es gibt noch zwei Cousinen und das ist dann auch alles an Familie.

Meine Freundinnen vertreten die Meinung, dass es sich zwar einfach sagt „mach Dich zur Prio“, aber wenn es die Kinder oder Eltern sind, dann ist das eben doch nicht einfach. Irgendwie haben sie Recht.

Ist es dann doch die Genetik?

… oder bin ich als Kind einfach so indoktriniert worden?

Trotzdem ich ein wahrlich schlechtes Verhältnis zu meinen Eltern habe, ist es mir nicht möglich, mich nicht zu kümmern. Ich ziehe Grenzen. Ja. Auch lautstark und massiv. Aber sie gar nicht zu unterstützen, schaffe ich nicht. Es nagt ein sehr schlechtes Gewissen an mir.

Natürlich frage ich mich warum. Und mir fällt keine andere Antwort ein als: „Es sind nun mal die Eltern“.

Ziemlich dünn, aber doch bleischwer.

In den letzten 14 Tagen hatte ich das Gefühl, mich zu verlieren und mir schwand meine letzte Kraft. Zuviel zu tun, zu viel kümmern, zu viele und zu ungerechte krankheitsbedingte Vorwürfe. Ich möchte meine Türen schließen, für mich sein, meine Wohnung aufräumen. Ja, aufräumen ist echt wohltuend für mich.

Innen wie außen

Wenn ich in meinem Außen Ordnung schaffe, und sei es nur eine Schublade, ein Tisch, was auch immer, ordnet sich dadurch mein Inneres auch irgendwie.

Aufräumen ist gesund, weil es Klarheit bringt. Darüber hinaus ist es so, dass ich mich auch belohne. Also ich kriege ein gutes Gefühl, wenn ich aufräume. Ich bin stolz auf mich, weil ich das endlich angepackt habe und das schaffe. Dann kommt durch diese Veränderung auch ein gewisser Schwung rein. Ich erkenne plötzlich, die Ecke ist frei.“

Sagt Petra Jagow, Coach und Wirtschaftspsychologin. Und das kann ich genauso unterschreiben.

Fazit

Wenn Du es nicht ändern kannst, lerne damit zu leben.

Ich kann nicht ganz aus der Rolle der Tochter heraustreten. Aber ich kann mich hinstellen, sagen und leben: „Ich helfe, aber zu meinen Konditionen. „

Ja, es ist anstrengend, aber auch beginnend dementen Menschen muss man nicht alles durchgehen lassen.

Für mich außerdem wichtig: Drüber reden und schreiben. So wie jetzt gerade. Ordnung schaffen im Gefühlsleben.

Ich kann mit meinen Kindern und mit meinen Freundinnen drüber reden und mir hier auch Unterstützung holen und das ist wirklich großartig!

Es gibt mittlerweile auch Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige, aber wenn ich ehrlich bin, sind mir solche Gruppen zu anstrengend. Noch ein Termin mehr. Noch mehr Fahrerei. Nein Danke. In diesem Zusammenhang finde ich whatsApp echt super für mich. Ich bin immer mit den Menschen verbunden, die mich, mein Leben und seine Herausforderungen kennen, denen ich nichts extra erklären muss und denen gegenüber ich mich nicht rechtfertigen muss. Auch wenn ich prinzipiell handgeschriebene Post liebe, ist in Situationen wie diesen whatsApp ein Geschenk für mich.

Es ist nur eine Phase, Hase!

Ich weiß gar nicht woher ich diesen Ausspruch kenne, aber genau das sagte Anneli Owen zu mir und auch sie hat Recht. Möglicherweise fühlt sich diese Phase wie Kaugummi mit schwerem Beton an, aber sie wird zwangsläufig enden. Deshalb bleibt mir: Grenzen ziehen und spüren was ich ICH in diesem Moment brauche, um meine Ziele und Träume nicht gänzlich aus den Augen zu verlieren. Diesmal war es dieser Blogartikel und ich bin Dir dankbar, wenn Du ihn bis zum Ende gelesen hast. Und noch mehr würde ich mich über einen Kommentar freuen-ich antworte bestimmt darauf.

Wir lesen uns.

Good Vibrations.

SAM

5 Comments

  • Alexandra

    Oh Simone, es wir haben das Thema ja schön öfter miteinander. Ich glaube das es sich bei dir nicht um Genetik handelt sondern einfach darum das du eine Person bist die trotz widriger Umstände ein unfassbar großes Herz hat. Du gehst als Vorbild voran. Und ja mit Druck kreativ sein ist quasi unmöglich und auch hier denke ich das du deine Kreativität wie die Luft zum Atmen brauchst und es auch immer weiter tun würdest. Es ist dein großes Warum für dein Sein auf dieser Welt. Ich wünsche mir für dich, dass du vielleicht irgendwann sie wieder einfach nur ausleben darfst ohne den Gedanken an das Geld haben zu müssen. Herzliche Grüße Alexandra

    • Simone Melzer

      Liebe Alexandra,

      ich hab bei Deinen Zeilen das Gefühl, mir wird ein riesiges Trostpflaster auf mein Herz gelegt. Und vielleicht ist Dein Wunsch für mich ein Schlüssel: Kreativ sein um der Kreativität Willen-nichts weiter.
      Ich danke Dir sehr!
      SAM

  • Anngret Achenbach

    Hallo Simone, habe soeben deine Seite gefunden und gelesen. Es brührt mich einiges darin. Alleinerziehende Mama war ich auch lange, mit Care für Eltern habe ich nicht zu tun, sie leben schon lange nicht mehr. Dass du dich immer wieder überfordert fühlst, ist doch völlig klar, bei der vielen Arbeit, die du hast. Und als Kreative hast du oft gar keine Zeit, keinen Nerv und den Kopf nicht frei, es zu sein… Das allein ist ja schon anstrengend genug, weil deine Seele nicht genährt wird ohne.
    Wie es anders geht – ich habe keine wirkliche Lösung dafür. Weitergehen. Zwischendurch Pausen einfach akzeptieren. Es sind Phasen. Ja. Es kommen wieder andere. So versuche ich es.
    Und was ich so toll fand, das kommentiere ich jetzt hier, weil auf der direkten Seite konnte ich nichts schreiben:
    Dein Glas, mit all den bunten Zetteln – Inhalt, was alles schön ist, was gut war, was gut gelungen ist.
    Oh, ich finde die Idee einfach großartig! So etwas hatte ich vor Jahren auch mal. Daran erinnert mich dein Schreiben wieder. Wie schön. DANKE dafür. Ich werde es wieder umsetzen…
    Schau du in deins auch wieder rein. Es ist so toll!

    Ganz liebe Grüße!
    Anngret

    Ich habe noch keine offene Webseite, sie ist im Entstehen. Noch steht sie dauernd „Under Construction“. Aber irgendwann mal .. bestimmt … :))

    • Simone Melzer

      Hallo Anngret,
      Dein Besuch hier auf meiner Website macht mich schon allein sehr sehr stolz! Irgendwie rödel ich überall und hab oft das Gefühl „sieht keiner, interessiert eh keinen „. So schön, dass Du hier her gefunden hast und mir auch noch so wunderbar tröstliche Zeilen hinterlassen hast.
      Vielleicht hast Du Recht und mitfliessen ist ein Weg, um nicht nur irgendwie zu überleben sondern durch immer wieder neujustieren auch neue Wege zu finden-zu mir selbst. Denn alles, was wir erleben, macht ja auch etwas mit uns.
      TJAaaa das Glücksglas. Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe-grins. Das Glas hab ich wirklich aus den Augen verloren. Danke für den Reminder!
      Herzliche Grüße
      SAM

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