Tschüss August

Da ist er um, der kalendarisch letzte Sommermonat. Die Temperaturen haben das leider noch nicht umgesetzt.

Aber wir war eigentlich mein August? Mit einem Wort: Anstrengend!

Dabei find er ganz locker an und ich war voller Elan, doch endlich wieder Grund zu Hause rein zu bekommen. Freie Flächen sind für mich so wichtig! Sie geben mir irgendwie eine Art von Freiheit.

Aber, wie bereits den ganzen Sommer über, taumelte ich von einem Migräneanfall in den nächsten. Beschwerdefrei, denn Migräne hat viele Gesichter, war ich im August möglicherweise drei Tage. Und gerade im August waren viele Anfälle mit Bett und Eimer gekennzeichnet, was unglaublich schwächt, zerrt und zehrt an Körper, Geist und Seele.

Am 12. August war dann die Beerdigung meines Onkels. Auch an diesem Tag zeigten sich erste Symptome, wie soll es auch anders sein. Ich setzte also einen schwarzen Strohhut mit breiter Krempe auf und trug eine große schwarze Sonnenbrille, denn auch Sonne ist ein Trigger für mich. Das wiederum triggerte meine Eltern und ich wurde deshalb maßgenommen. Allerdings war ich dann am Grab allein. Nur die Bestatterin und ich.

Seit ich 14 Jahre alt bin, trage ich Menschen zu Grabe, die mir viel bedeutet haben. Man sollte meinen, ich hätte sowas wie Übung. Aber ich kann versichern: Die stellt sich für einen solche Situation nicht ein. Meine unglaublich empathische Bestatterin Frau Ehrecke vom Bestattungsunternehmen Mohr, hat mich in jeder Beziehung aufgefangen. Am Schluss hat sie einfach eine Bank unter einen Baum in den Schatten gerückt, mit Blick auf das Grab, und hat mich in den Arm genommen. Bestimmt eine halbe Stunde hat sie da mit mir gesessen und mich mit meinen völlig durcheinander geratenen Gedanken und Gefühlen aufgefangen. Ich kann kaum mit Worten ausdrücken wieviel mir das gegeben hat und wie dankbar ich Frau Ehrecke bin.

Anfang Juli meldete ich mich bei Roberta Bergmann an, um Teil des Kunstautomaten-Projektes in Braunschweig zu sein. Pünktlich kamen auch die Utensilien, aber bei mir ging den ganzen August gar nichts. Einfach aufgrund der Mischung von gesundheitlichen Problemen und Herausforderungen rund um den Tod meines Onkels. So hat mich den ganzen August, bis heute, das schlechte Gewissen geplagt, noch nicht geliefert zu haben. Ich bin dankbar, dass Roberta soviel Verständnis und Geduld hat.

Nicht zuletzt haben Annelie Owen und Andrea Gunkler für mich Stress aus der Situation genommen, in dem sie mich mit Ideen zur Veränderung meiner Studiosituation versorgt haben und ein Auge auf die wichtigen behördlichen Dinge hatten.

Das führte dazu, dass ich zumindest die Dinge für das „Blütenmosaik“ von Susanne Heinen, auch ein Projekt zu dem ich mich gemeldet hatte, zusammenstellen konnte.

Im August ging auch oft der Schlosser bei mir ein und aus. Türen waren verklemmt, Schlösser gebrochen, es nahm einfach kein Ende.

Deshalb blieb zum Beispiel auch ein geplanter Besuch bei einer alten Dame auf der Liste für das schlechte Gewissen.

Leider brachte der August auch die Erkenntnis, dass meine Eltern wirklich sehr nachgelassen haben. Sie wollen es zwar selbst nicht wahrhaben, aber es war mehr als deutlich, dass alles was nicht zu „das machen wir schon immer so“ passt wirklich sehr sehr große Unsicherheiten bringt und in der Folge Hilflosigkeit, die ich so bei ihnen noch nicht kannte. Aus diesem Gefühl heraus entbrannten oft anstrengende Diskussionen, Streitereien und Situationen, die unbedingt meine Unterstützung forderten-wenn auch von ihrer Seite nicht gewollt. Aber es half nix: Die Dinge mussten geregelt werden und der Zeitgeist ist mittlerweile für beide zu schnell und zu undurchsichtig. Wenn Eltern auf einmal alt werden…

Ich versuchte trotzdem weiterhin die Wohnung und den Nachlass meines verstorbenen Onkels in den Griff zu kriegen, aber ich musste Ende des Monats einsehen, dass ich wirklich tot umfallen würde, wenn sich nichts änderte. Einfach weil ich auch zu Hause nicht mal optisch eine Art Ruhe und Struktur herstellen konnte. An irgendeine Form von kreativem Arbeiten war seit Wochen auch nicht im Entferntesten dran zu denken. Ich war wirklich am Ende.

In meiner Not nahm ich mir mein verzweifeltes Herz und buchte spontan eine Impulssession bei Alexandra Bohlmann, der Ordnung-ins-Chaos-Queen, besonders für Kreative. Ihr folgte ich schon lange auf Instagram. Und ohne Übertreibung ist sie der Grund, warum ich nun hier sitze und blogge. Ohne Ihren Über- und Durchblick, ihre Geduld und ihren pragmatischen Ideenreichtum, läge ich sicher im Krankenhaus. Alexandras Empathie ist nicht abstrakt, sie ist aus selbst Erlebtem gewachsen. Kein BlaBla sondern wirkliches an die Hand nehmen, Hin – und Zuhören (ja, das sind zwei verschiedene Dinge!),

einen nächsten Minischritt nehmen und den einen Erfolg dann spürbar machen, das alles kann Alexandra. Sie feiert jeden kleinen Erfolg mit und passt auch auf, wenn ich wieder nicht merke, wo ich mir zu viel zumute. Ich kann mein Sofa wieder seinem ursprünglichen Gemütlichkeitszweck zuführen, mein Esszimmertisch ist wieder mein Esszimmertisch, der Wohnungsfußboden und der Küchentisch wieder frei, der Winterschreibtisch im Schlafzimmer aufgeräumt und hergestellt. Ich LIEBE sie! Ich würd Alex immer wieder buchen.

Sie war meine Lebensretterin in den letzten Augusttagen.

Außerdem habe ich in der letzten Augustwoche noch neue Rituale für Gemeinsamkeit mit meinen Kindern erfinden können. Ich bin so unendlich stolz auf diese besondere Beziehung. Wir halten wirklich zusammen, auch wenn wir uns manchmal ank….. ist, wenn es drauf ankommt, ist bei uns Schulterschluss. Ich genieße dieses Vertrauen und die Tatsache, dass ich für sie nicht die peinliche Mutter bin, wirklich mehr als ich sagen kann.

Abschließend bin ich froh, dass der August überstanden ist und ich hoffe wirklich, der Sommer findet endlich ein Ende. Leider fand ich im August nicht die Zeit und Kraft für´s Einwecken. Aber ich hoffe auf den September und Oktober. Ich bin und bleibe einfach ein Herbstkind. Herbst und Winter. Allerdings weiß ich nun auch, dass das mit meiner chronischen neurologischen genetischen Migräne zusammen hängt: Die Trigger in der sogenannten dunklen Jahreshälfte sind einfach weniger. Also freu ich mich heut schon auf alles, was unter 20 Grad Außentemperatur und jenseits eines Sonnenuntergangs um 19 Uhr liegt.

Wie war Dein August 2025?

Wir lesen uns.

Good Vibrations.

SAM

One Comment

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    Dieser Artikel berührt wirklich tief. Die Mischung aus Trauer, Überforderung und dem Wunsch nach Ordnung ist so relatable. Besonders schön finde ich, wie offen die Autorin ihre Schwierigkeiten zeigt und wie sehr sie die Unterstützung von Freunden und der professionellen Bestatterin schätzt. Ein starker, emotionaler Einblick!

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